Bericht aus Potsdam (3.-5. Januar)

Bericht von Dr. Hans-Dieter Maetzing und Jonatan Schenk

In diesem Jahr nahmen leider nur 2 NARVArianer am DSAM-Qualifikationsturnier in Potsdam teil, und zwar Jonatan und Dieter.

Wir erreichten folgende Ergebnisse:

Spieler Platz Startnr. Ergebnis Elo DWZ
Dieter 20 11 (2-3-0) +9 +29
Jonatan 67 41 (0-4-1) -22 -18

(Elo-Zahlen sind vorläufig)

Mit meinem Ergebnis bin ich zufrieden, immerhin endlich mal wieder keine Partie verloren, während Jonatan sich sicherlich mehr erhofft hat. –Dieter

Bei mir ist es nun offensichtlich wieder ‚das andere Problem‘: nach Düsseldorf habe ich viel an meinen Eröffnungen gearbeitet, aber in Potsdam gelang es mir nicht, aus den guten Stellungen auch die richtigen Ergebnisse herauszuholen. –Jonatan

Zu den einzelnen Partien:

1. Runde

In der 1. Runde spielte Dieter mit Weiß gegen Sadewasser (Elo 1826/DWZ 1788), gegen den er im Vorjahr an gleicher Stelle Remis gespielt hatte. Die Partie entwickelte sich schnell zur Endspielvariante der Philidorverteidigung mit großer Remis-Tendenz – der bessere gewinnt.

Nach 20. Se2 Td2 ergab sich diese Stellung:

Mit 21. Sd5+ gewann er einen Turm für Springer und Bauer, „vergaß“ dann aber, dass der Turm offene Linien braucht. Folgerichtig endete die Partie remis.

Jonatan spielte mit Weiß gegen Walter (1646/1646), einen Jugendlichen. Der Gambitbauer wurde umgehend auf d3 zurückgegeben und Weiß erhielt eine Stellung mit Initiative, aus der er aber nichts nachhaltiges machen konnte. In der Diagrammstellung nach 40. a4 zog Schwarz einfach 40. … Ta3.

Das ungleichfarbige Läuferendspiel ist natürlich remis, womit beide nicht richtig zufrieden waren.

2. Runde

In der 2. Runde „durfte“ Dieter mit Schwarz gegen Hartogh (1839/1790) gegen das Londoner System spielen, aber das hatte er ja im Pokalendspiel mit Rudolf „geübt“. Nachdem er seinen Gegner in der Eröffnung völlig überspielt hatte, entglitt ihm die Partie zunächst etwas, aber dann kam er wieder in Vorteil.

Nach 43. h6 ergab sich folgende Stellung:

Dieter spielte Txf4 mit Gewinn eines Bauern. Stärker wäre 43. … b2 mit der Möglichkeit 44. Se2 Sb3 45. Td1 Sd2+ 46. Ke3 b1D gewesen.
Nach dem gespielten Txf4 marschierte er später mit dem König, während der Springer auf den Freibauern am Königsflügel aufpasste. Das war aber die falsche Entscheidung, denn sein Gegner konnte die Partie noch zum Remis führen.

Jonatan bekam es gegen Schiewe (1629/1698) ebenfalls mit Schwarz mit dem Londoner System zu tun. Nach den im allgemeinen bisher weniger guten Erfahrungen mit dieser Eröffnung war das Bestandteil seines Eröffnungstrainings zwischen den Jahren gewesen. Er hatte also eine kleine Überraschung vorbereitet, die er nun erstmals in der Praxis erproben konnte. Mit dem 23. Zug, den seine Gegnerin mit einem Remisangebot verbindet, ist ein Doppelturmendspiel entstanden. Aber das kann man noch auf Gewinn spielen. Wenig später wird noch ein Turmpaar getauscht, und das Bewertungsdiagramm bewegt sich tatsächlich immer mehr in die richtige Richtung, bis um den 50. Zug herum die Stellung tatsächlich gewonnen ist.

Aber was ist da beim 57. Zug los? Das ist diese Stellung:

Schwarz hat schon ein paar Züge erfolglos nach dem richtigen Plan gesucht. Hier muss 57. … Ta8! gespielt werden, damit man später mal ein Schach auf h8 hat, z.B. 58. Kxh6 a2 59. Tg1 Th8+ 60. Kg7 Txh5. Wenn man das in Zeitnot nicht mehr überblickt und stattdessen das schwache Ta4? spielt, dann ist es einfach remis…

3. Runde

In der 3. Runde spielte Dieter mit Weiß gegen Hofmeister (1827/1781). Seine Lieblingseröffnung entwickelte sich schnell zu einem geschlossenen Sizilianer, mit dem sein Gegner nicht wirklich zu recht kam.

Schwarz hatte gerade 14. .. Db6? gespielt und hatte nach 15. fxe Sg4 16. exd eine aussichtslose Stellung. Diesmal konnte Dieter den Vorteil zum Sieg verwerten.

Jonatan hatte Weiß gegen Schillig (1663/1559), der den Gambitbauern ebenfalls nicht haben wollte. Jonatan erhielt trotzdem die deutlich aktivere Stellung, lehnte ein Remisangebot zu Recht ab, und steht in der Diagrammstellung nach 23. … f6 schon auf Gewinn.

Nach 24. g4! Lf7 25. f5!? fxe5 26. dxe5 c5 27. e6 empfiehlt der Computer schon 27. … Lxe6 als kleineres Übel…

Stattdessen zog Jonatan 24. e6, und spielte auch danach nur noch Unsinn. So ging die Partie sogar noch verloren, obwohl im Turmendspiel nochmal eine Remisabwicklung möglich gewesen wäre.

4. Runde

In der 4.Runde musste Dieter gegen Leisner (1824/1780) spielen. Dessen Englisch stellte ihn nicht vor größere Probleme, denn Shenis hatte ihm die Partie Slepuschkin – M. Schulz zur Vorbereitung überlassen. Nach einem Generalabtausch stand folgende Stellung auf dem Brett:

Dieter hatte gerade c6 gespielt und seinem Gegner ein Remis angeboten, was er annahm.

Jonatan hatte gegen Dr. Rasch (1648/1638) erneut die Möglichkeit, sein verändertes Eröffnungsrepertoire zu testen. Nach 11 Theoriezügen wich der Gegner ab – die Fortsetzung ist aber auf jeden Fall auch spielbar. Jonatans taktischen Fehler im 15. Zug sah der Gegner zum Glück nicht, danach stand Schwarz bald besser.

In der Diagrammstellung hat Weiß gerade 25. Kg1 gezogen. Jonatan fand nun 25. … Tc8 26. a4 Sxb2 mit Bauerngewinn. 25. … Taf8, eventuell (nach einem weißen Springerzug) gefolgt von 26. … Ld4, wäre wohl stärker gewesen. Nach der Partiefortsetzung wurde dann schnell in ein Turmendspiel abgetauscht, das nicht so einfach zu gewinnen ist, und die Partie endete remis.

5. Runde

In der 5. Runde hatte Dieter Weiß gegen Krüger (1849/1772). Diesmal entwickelte sich seine Lieblingseröffnung zu einem Damenbauernspiel.
Zwischen dem 19. Und 21. Zug versanken sein Gegner und er in einen Tiefschlaf. Erst stelle er mit meinem 19. Zug einen Springer ein, weil er den zweiten vor dem ersten Zug machte. Dann stellte sein Gegner mit seinem 21. Zug ebenfalls einen Springer ein, und die Partie konnte mit gleicher Materialverteilung weiter gehen.
Danach kam Dieter langsam aber sicher zu einem Angriff, den er nach 28. Se4 schließlich zum Sieg führte.

„Wenn man von der Tiefschlafphase in der letzten Partie absieht, war ich im Gegensatz zum Vorjahr mit dem Turnierverlauf zufrieden, denn 3,5/5 ist ein recht ordentliches Ergebnis. Mal sehen, ob ich das Ergebnis im nächsten Jahr nochmals steigern kann, Zeit zum Üben habe ich ja noch.“ –Dieter

Jonatan bekam es in der letzten Runde mit Bettina Baumann (1647/1559) zu tun. Gegen sie hatte er in Düsseldorf mit Schwarz remis annehmen müssen, weil ihm die entstandene Stellung nicht gefiel. Mit Weiß ergab sich der Plan nun von selbst: erstmal einen Bauern opfern, und dann wird es eine andere Stellung – mal sehen, wie Schwarz damit zurechtkommt.

Gespielt wurde das Morra-Gambit, mit 4. … d6 5. Lc4 Sf6 6. e5 Sfd7.

In Altermans Buch wird hier 7. Lxf7+ Kxf7 8. e6 Ke8 empfohlen wird. Dass 8. … Ke6? verliert kann man auch glauben, ohne die konkrete Fortsetzung 9. Db3+! gefunden zu haben. Aber was ist mit 8. … Kg8! – ist das nicht stärker?

Deshalb spielte Jonatan nach längerem Überlegen 7. e6 Se5 8. exf7 Sxf7 9. Lxf7 Kxf7 10. Sf3 mit leichtem Vorteil, den er mit sorglosen Zügen bald wieder verspielte. Dann bot Schwarz remis an, stellte dabei aber einen Bauern ein. Knappe Bedenkzeit führte dann allerdings dazu, dass Jonatan sich gezwungen sah, trotz besserer Stellung das zweite Remisangebot anzunehmen.

Insgesamt bin ich tatsächlich deutlich weniger unzufrieden als in Düsseldorf. Die lange Anfahrt war für mich ein Nachteil, insofern war auch nicht zu erwarten, dass ich 5 Punkte hole… Die 2 Punkte, die es letztendlich geworden sind, sind natürlich auch ein bisschen wenig, aber nach dem Verlauf der einzelnen Partien denke ich, dass ich bei den verbleibenden Qualifikationsturnieren durchaus Chancen habe, oben mitzuspielen. Insbesondere die Arbeit am Schwarzrepertoire wird sich mittelfristig sicherlich auszahlen. –Jonatan

Das nächste DSAM-Qualifikationsturnier mit NARVA-Beteiligung wird das Turnier in Bad Wildungen vom 28. Februar bis 1. März sein. Dort sind wir voraussichtlich sogar in Mannschaftsstärke vertreten.

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